28. Juli 2009

Was ein Sommer. Ausrufezeichen. (Part 3)

So, was rechtfertigt ein Ausrufezeichen hinter diesem Titel? Genau darauf will ich jetzt eingehen. Das erste Team hat uns verlassen. 4 Tage Erholungen standen an. okay, nicht wirklich Erholung aber zumindest konnten wir etwas entspannen. Es war gut dieses Wochenende fuer uns als Staff zu haben. Zusammen zu entspannen und ueber nem Bier zu reflektieren. Ein wenig erholt ging es dann also in das Zweite Programm. 2 Jugendgruppen kamen an diesem Dienstag nach Vancouver. Erster Eindruck. OMG! SO unterschiedlich. Eine "perfekte" Jugendgruppe mit jungen gutaussehenden Jugendlichen, guter Zusammenhalt, super Leiter, etc.. Die andre Gruppe war das Chaos schlechthin. Wild zusammengewuerfelt. Wenig Leiter, ueberforderter Jugendpfarrer, etc.
Und klar, ich hatte die Aufgabe diese Gruppe zu "hosten". Ja, ich war angepisst am Anfang. (schlechte Einstellung, ich weiss!)
Ich hatte also 2 Moeglichkeiten. Total demotiviert in die naechsten 10 Tage gehen oder meinen Arsch hochbekommen und die Sache mit der richtigen Einstellung angehen. Leichter gesagt als getan. Vorallem wenn man jeden Tag von den Hosts des andren Teams hoert wie toll ihr Team doch ist. Hm. Bloed!
Doch nun zurueck zu dem Ausrufezeichen. Was hat es da zu suchen und wie kam es zu dieser Ansicht das mein Sommer ein Ausrufezeichen verdient hat?

Um es auf den Punkt zu bringen. Es waren verdammt harte 10 Tage. Nicht wegen der koerperlichen Belastung (wenig Schlaf, den ganzen Tag unterwegs, etc) sondern wegen der psychischen. Am Vierten Abend haben Mika (auch Mitarbeiter&Host) und ich die Aufgabe gehabt eine Feedback/Gespraechsrunde mit dem Team zu leiten. Bis dahin hat sich noch nicht wirklich viel getan gehabt. Es war immer noch schwierig sie alle unter Kontrolle zu halten. Dumme Sprueche waren die Regel. Und dann ging es los. In der Feedbackrunde hat einer nach dem andren erzaehlt, wie er hierher gekommen ist und mit was er/sie Probleme hat. Begonnen hat das ganze mit dem mit Abstand aeltesten (18 und eine der Fuehrungspersonen unter den Teilnehmern). Er sass da und hat erzaehlt, dass sein Dad gewaltaetig ist. Wie er angefangen hat Gras zu rauchen und das er nicht weiss was seine Rolle ist und was er mit seinem Leben tun will. Unter Traenen hat er seinem Team sein Herz ausgeschuettet. Und genau da hat die Veraenderung angefangen. Einer nach dem anderen hat von familiaeren Problemen erzaehlt, Eltern geschieden, Vergewaltigung, Drogen, Missbrauch, etc..... 7 von 8 Teilnehmern hatten sehr aehnliche Geschichten. Nur eine, die Pfarrerstochter, war "normal" aufgewachsen. Mika und ich, sassen einfach nur da... Das haetten wir nicht erwartet. Und ich weiss bis jetzt nicht, wie ich damit umgehen soll. Hm. Ich weiss nur eins, es war richtig und gut und hat den Teilnehmern die Augen fuereinander geoeffnet.
Doch da hat es leider nicht aufgehoert. Waehrend der Prozess in dem sich unsre Gruppe befand stetig weiter ging, unsre Abende immer laenger wurden und das Team immer mehr zusammenwuchs und Heilung voneinander und von Gott erfuhr, sollten wir alle, insbesondere wir Leiter noch etwas ganz anderes erleben.
Doch dazu erstmal ein paar Hintergrund Informationen. Die Kirche in der wir Uebernachteten befand sich direkt an einer der Hauptstrassen in Vancouver. Und Nachts wurde diese Strasse zu einem der vielen Strassenstriche in Kanadas drittgroesster Stadt.
Was das fuer uns bedeutete? Viele Begegnungen mit Prostituierten. Wir hatten die Moeglichkeit ihnen heisse Schokolade anzubieten und uns mit Ihnen zu unterhalten. Vor allem die Jugendpfarrer war das ein Anliegen. Es war gut die Menschen hinter dieser Berufsbezeichnung kennen zu lernen. Ursachen und Gruende zu hoeren. Und es war so verdammt schwer, mit diesen Geschichten umzugehen, Frauen direkt vor der Kirche mit irgendwelchen Kerlen in billigen Autos verhandeln und letztendlich einsteigen zu sehen.. Jede Nacht. Die ganze Nacht. Die ganze Woche. Das ganze Jahr. (Das Durschnittseinstiegsalter fuer Prostituierte in Vancouver ist 13).
Als ich angefangen habe diesen Post zu schreiben, wusste ich einigermassen, was ich schreiben wollte. Welche Situationen fuer mich die wichtigsten waren. Aber das funktioniert so nicht. Ich kann die Emotionen, Erlebnisse, Eindruecke die ich erlebt habe nicht in Worte ausdruecken, die dem ganzen gerecht werden. Diese ganzen 10 Tage waren eine Kombination aus Hoehen und Tiefen, die nichts anderem in diesem Sommer gleichkommen. Es tut mir leid, ich wuerde diese Intensitaet gerne online stellen, aber so funtioniert das leider nicht.


Worueber ich noch etwas schreiben kann ist folgendes. Die Zeit nach Mission Adventures. Geplant war eigentlich, dass ich direkt nachdem die Teams losgefahren sind, nach Halifax in Nova Scotia fliege. In der Mitte dieses Programms habe ich mich allerdings dazu entschlossen Sonntag anstatt Freitag zu fliegen. Ich kann nicht einfach loshetzten. Alles vergessen was hier war. Die Freundschaften, die ich angefangen habe zu bauen einstuerzen zu lassen. Gesagt getan. Und es war richtig. Ich hatte ein wunderschoenes Wochenende mit den Mitarbeitern hier und etwas mehr Zeit mich von Vancouver zu verabschieden. Ich habe immerhin ein halbes Jahr meines Lebens hier verbracht..
So, jetzt aber genug, mein Kaffee ist leer.. nicht gut. Hoffe, ich konnte euch zumindest einen kleinen Einblick in meine letzten 2 Monate geben.

Ps.: Wuerde mich uebrigens sehr ueber Feedback freuen! (Kommentare, Email, etc! Danke!)

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Was wurde aus der Jugendgruppe ?
War es ne gute Zeit für sie ?
Alles was du erlebt hast braucht Zeit um verarbeitet zu werden. Lass es langsam angehen. Gott wird dir dabei helfen zu ,,verdauen "
Mama

silke hat gesagt…

Ja, das war es. Sie sind jetzt wohl wieder in ihrem Heimatort und ich hoffe, dass sich wirklich was in ihrem Lben aendert bzw sie die Kraft finden etwas zu aedern.